Transport 19.04.1943 Mechelen/Malines

Konzentrationslager Auschwitz (Osvetim)

Transportliste

Am 19.04.1943 abends verlässt der 20. Deportationszug die Dossin-Kaserne in
Mechelen mit Ziel Auschwitz. Der Zug besteht nicht wie die vorherigen Transporte aus Personenwaggons der 3.Klasse, sondern aus 30 Viehwaggons, in den Waggons sind 1636 Menschen darunter 242 Kindern eingepfercht. Um eine Flucht zu erschweren, sind die Türen und Oberlichter zusätzlich mit Stacheldraht gesichert. Doch dieser Transport ist in der Geschichte der Deportationen einmalig.
Schon im Sammellager bereiten einige der Inhaftierten ihre Flucht vor und verstecken Sägen, Feilen, Zangen, Messer und andere Werkzeuge im Lager. Schon kurz nach der Abfahrt in Mechelen beginnen Gefangene mit den Werkzeugen ihre Flucht vorzubereiten.

Eine von ihnen:
Regine Krochmal, eine 18-jährige Krankenschwester aus dem belgischen Widerstand kann fliehen. Sie sägt mit einem Brotmesser die hölzernen Stangen vor einer Belüftungsöffnung durch und springt aus dem fahrenden Zug.
Eine außergewöhnliche Befreiungsaktion ereignet sich in Boortmeerbeek etwa 30 km von Mechelen entfernt.

Youra Livschitz, Robert Maistriau und Jean Franklemon drei Aktivisten aus dem belgischen Widerstand beschließen den Ablauf der Deportationen zu behindern und den Gefangenen zur Flucht zu verhelfen.
Da sie nicht mit Hilfe von Seiten des organisierten belgischen Widerstands rechnen können, führen sie diese Befreiungsaktion auf eigene Faust durch.
Mit einer improvisierten roten Signallampe, die an einer unübersichtlichen Stelle auf die Gleisen platziert wird, gelingt es den 20. Deportationszug anzuhalten. Während Youra Livschitz Schüsse in die Luft abgibt, um einen größeren Partisanenangriff vorzutäuschen, versuchen Robert Maistriau und Jean Franklemon mit Zangen die Verriegelungen an den Waggontüren zu lösen. Tatsächlich gelingt es einen Waggon zu öffnen, bevor die Übermacht der Wachmannschaften, einem 40-köpfigen Kommando deutscher Schutzpolizei zu groß wird.

17 Personen wagen schließlich die Flucht aus dem Waggon. Von den drei Befreiern mit ein wenig Geld und einem Lageplan ausgestattet, finden sie Versteck und Schutz in der belgischen Bevölkerung und können so den Krieg überleben. Im weiteren Verlauf der Deportation des 20.Transportes bis zur deutschen Grenze können 232 Menschen aus dem Transport fliehen. 87 Personen werden gefasst und später deportiert. 26 Fliehende werden getötet. 119 Menschen gelingt schließlich die Flucht.

Auch Youra Livschitz, Robert Maistriau und Jean Franklemon kehren zunächst unbehelligt nach Brüssel zurück, werden aber später verhaftet. Youra Livschitz wird am 2. Juni 1943 zum Tode verurteilt und erschossen. Robert Maistriau und Jean Franklemon überleben Folter und KZ-Haft.

Der Transport erreicht am 22.04.1943 mit 507 Männern, 121 Jungen, 631 Frauen und 141 Mädchen, allesamt Juden das Konzentrationslager Auschwitz, nach der Selektion werden 276 Männer und 245 Frauen als Häftlinge ins Lager geschickt, die übrigen 879 Personen sofort in der Gaskammer umgebracht. Von den Häftlingen die ins Lager überführt wurden, erhielten lediglich 521 eine Häftlingsnummer. 152 von ihnen haben den Krieg überlebt.

Eine von ihnen war Jeanette Passmann geb. Vogelsang * 28.01.1878 in
Gelsenkirchen
Jeanette Passmann emigriert im Juli 1934 in die Niederlande und lebt in
Roermond, nach dem Einmarsch durch die Deutsche Wehrmacht bereitet sie ihre Flucht vor, sie findet einen Schlepper, der ihr verspricht, sie gegen 10000 Gulden in die Schweiz zu bringen. Stattdessen wird sie am 15. Februar 1943 in Mechelen interniert und am 19. April 1943 mit dem Zug von Mechelen nach Auschwitz deportiert. Bei ihr handelte es sich um eines der Opfer von Juden des KZ Auschwitz, die auf Anordnung des an der Straßburger Universität lehrenden Anatom August Hirt mit Billigung Himmlers vergast, konserviert und in Hirts anatomischem Museum ausgestellt wurden. Aufgrund des weiteren Kriegsverlaufs sollte die Sammlung beseitigt werden, was aber nicht mehr gelang, und so konnten am 23. Oktober 1945 die Überreste von 86 Leichen bestattet werden. Wer diese Männer und Frauen gewesen sind, habe man bislang nicht gewusst. Mittels akribischer Recherchen, deren Ausgangspunkt eine Liste der eintätowierten KZ-Nummern war, ist es Hans- Joachim Lang gelungen, den Toten ihren Namen und ihre Identität wiederzugeben und sie als Menschen in ihre Lebenszusammenhänge zurückzuführen.